Runder Tisch: Stellungnahme zum Schadensersatz / Nachteilsausgleich

Unsere Stellungnahme an den Runden Tisch "Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich" zum Schadensersatz, bzw. Nachteilsausgleich, für Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs als PDF.

Rostock, September 2011

Stellungnahme zu den Ergebnissen der UAG „Immaterielle und materielle Hilfen für Betroffene“

Die Ziele der Einrichtung des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ bestehen u.a. in der Klärung folgender Frage: „Welche Art der Hilfe, Unterstützung und Anerkennung muss den Opfern zuteil werden?“ und in der „Anerkennung des Leidens der Opfer sexuellen Missbrauchs in jeglicher Hinsicht“.

Dies schlägt sich im Kabinettsbeschluss von März 2010 nieder. Der an die Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs delegierte Arbeitsauftrag lautet: Empfehlungen für immaterielle und materielle Hilfen, u.a. in Form von Therapien und finanzielle Entschädigungen, für Betroffene, die sexuellen Missbrauch entweder in Institutionen oder in Familien erlebt haben, zu erarbeiten. Dazu wurde die o.g. UAG gebildet.

MOGiS e.V. begrüßt die Ergebnisse der UAG „Immaterielle und materielle Hilfen für Betroffene“. Sie weisen die Lücken im Versorgungssystem auf und beschreiben Wege zu deren Schließung.

Zusätzlich wurden innovative Vorschläge für ein neues Hilfesystem erarbeitet, das besonders dem Personenkreis der betroffenen „Altfälle“ helfen soll, die Nachteile, die sie aus den Taten erleiden mussten, in Teilen auszugleichen.

Nichtsdestotrotz muss MOGiS e.V. feststellen, dass der Arbeitsauftrag an die UAG „Immaterielle und materielle Hilfen für Betroffene“ nur zum Teil erfüllt wurde. Die Frage des monetären Schadensausgleichs ist weiterhin offen. Es kann sich nicht darauf zurück gezogen werden, dass die Betroffenen sich selber an die Institutionen zu wenden haben, um einen Schadensersatz zu erlangen. Die Ereignisse in der Vergangenheit zeigen, dass diese sich ihrer Verantwortung zu entziehen trachten und die Betroffenen z. T. als Bittsteller behandelt werden.

Außerdem ist für die Betroffenen, die im familiären Kontext missbraucht wurden, keinerlei Möglichkeit eines monetären Schadensausgleichs erkennbar. Dies widerspricht dem Arbeitsauftrag des Runden Tisches.

Es ist zwar richtig, dass die Möglichkeit der Verfolgung der Taten verjährt ist ebenso wie der zivilrechtliche Anspruch. Trotzdem sind die Taten nicht gesühnt, das erlittene Unrecht besteht weiter.

Hier hat auch der Staat in seinem Wächteramt versagt – dass dies anerkannt wird und der politische Wille existiert, die Verantwortung zu übernehmen, zeigt der Kabinettsbeschluss vom März 2010.

Unseres Erachtens kann sich auch nicht auf die Position zurückgezogen werden, dass wegen des Gleichheitsgrundsatzes kein monetärer Schadensausgleich erfolgen kann, da dann alle Gewaltopfer der Vergangenheit entschädigt werden müssten, was den Staat überfordern würde.

Der Gleichheitsgrundsatz besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Er gebietet, tatbestandlich Gleiches rechtlich gleich zu behandeln. Das zeigt deutlich, dass das Delikt des sexuellen Missbrauchs rechtlich anders zu behandeln ist, als andere Gewalttaten. Hier handelt es sich um rechtlich Verschiedenes.

Dies zeigt auch die Gesetzgebung, die strafrechtlich Gewalttaten anders reglementiert als Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. U.E. sind dementsprechend z. B. Personen, denen in Heimen sowohl Gewalt angetan wurde, als auch sexuelle Gewalt, entsprechend zwei verschiedenen Straftatbeständen zu behandeln.

Darum hat die Bundesinitiative der Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch im Kindesalter, mit der MOGiS zusammenarbeitete, seit ihrem Bestehen folgenden Standpunkt entwickelt:

„Die nicht mehr justiziablen Fälle (bis zum Jahr 2010) sind finanziell zu entschädigen. Die Bundesinitiative fordert eine angemessene Summe. Die Entschädigung sollte als Form der Anerkennung des Leids dienen können – Am besten vom Täter selber – Der Betrag sollte dann keine weitere Abwertung darstellen!

Dazu ist eine unabhängige Einrichtung zu bilden, die die Prüfung der Fälle und Auszahlung an die Berechtigten vornimmt. Als Berechtigter wird ein Betroffener anerkannt, wenn er eine so lautende eidesstattliche Erklärung abgibt.

Die Summen sind von den Tätern bzw. von den Täterorganisationen zurück zu fordern, soweit diese ermittelt werden können.“

"Inhaltliche Standpunkte der Bundesinitiative" (Abruf am 10.09.2011)

Dies würde den Opfern einen Teil ihrer Autonomie wiedergeben. Sie werden dadurch in die Lage versetzt, selber darüber zu entscheiden, wofür sie das Geld verwenden wollen, z. B. zum Vorteil für sich oder z. B. als Spende an Hilfsorganisationen.

Darum mahnt MOGiS e. V. den Runden Tisch an, hierzu Richtlinien als Vorschlag zu erarbeiten.

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